Lĭ Shāngyĭn:    Sòng Zhēnshī èrshŏu

 

李商隱、送臻師二首

  

昔去靈山   非佛席(1)        qù líng shān       fēi fú xī

 今來滄海   欲求珠         Jīn lái cāng hăi       yù qiū zhū

 楞伽頂上   清涼地         Léngjiā dĭng shàng qīng liáng dì

 善眼仙人   憶我無         Shàn yăn xiān rén   yì wŏ

 

苦海迷途   去未因         Kŭ hăi mí tú           qù wèi yīn

東方過此   幾微塵(2)     Dōng fāng guò cĭ     jĭ wēi chén

何當百億   蓮華上(3)     Hé dāng băi yì         lián huā shàng

一一蓮華   見佛身         Yī yī lián huā           jiàn fó shēn

 

In: Quan Tangshi 6176.

 

(1) Statt (fó, Buddha) wird auch (fú ) geschrieben

(2) Statt (fāng, Richtung) wird auch (yóu, reisen, sich vergnügen) geschrieben  

(3) Statt (yì, hundert Million) wird auch (yì, sich erinnern) geschrieben.

→ Ein Beweis, dass man selbst im alten China Schwierigkeiten mit der Deutung des Textes gehabt haben muß. 

 

Das Gedicht ist nicht datiert. Es entstand wahrscheinlich während Li Shangyins Aufenthalt in Sichuan zw. 851-855.
Die Identität des Priesters Zhen ist vollkommen unbekannt.
Lingshan 靈山 ist mit dem Berg Lingjiushan in Indien identisch. Dort soll Buddha seine Lehre verkündet und Faxien am Anfang des 5. Jahrhunderts übernachtet haben. 
 Lengjia  楞伽: Lankā (= Ceylon), wo Buddha erschien.

Ich gebe dem Priester Zhen das Geleite
Früher verließ ich den Geisterberg, ohne einen Sitz vor Buddha zu haben.
Jetzt komme ich zum blauen Meer und möchte die Perle finden.
Auf dem Gipfel von Lankā, in dem reinen und kühlen Ort
würden sich die gütigen Unsterblichen an mich erinnern?
Damals hatte ich keinen Grund, mich im Meer von Leid zu verirren. [1]
Im Osten war ich in diesem Ort - einige winzige Staubkörner.
Wann werde ich auf den unzähligen Lotusblüten,
auf jeden Lotusblatt den Körper von Buddha zu sehen bekommen?
 
[1] Oder:
Die Menschen verirren sich auf dem Irrweg im Meer von Leid
wegen der Ursachen aus der Vergangenheit und in der Zukunft.