Wie habe ich Japanisch und Chinesisch gelernt?
Mit 14 habe ich mich entschlossen, Japanisch zu lernen. Aber erst mit 18, nach dem Abitur, hatte ich die Möglichkeit, damit anzufangen.
Das Lehrbuch, das ich von der japanischen Botschaft bekommen habe, war zwar ohne Schriftzeichen mit Rōmaji geschrieben, aber es hatte 60 Lektionen ohne jegliche grammatische Erläuterungen: Nihongo no hanashikata.
Ich habe natürlich ohne einen Lehrer, autodidaktisch gelernt. Dank der grammatischen Ähnlichkeiten zwischen der ungarischen und japanischen Sprache habe ich das Buch in drei Monaten durchstudiert
und fast auswendig gelernt.
Die nächsten Lehrbücher folgten: diese waren die vier Bände des Nihongo dokuhon mit insgesamt 1000 Seiten. Ebenfalls ohne Vokabelliste und grammatische
Erläuterung.
In den Semesterferien, kurz vor meinem 21. Geburtstag habe ich es mit dem Roman Yukiguni 雪国 von Kawabata Yasunari 川端康成 versucht. Die wunderschönen Sätze haben mich fasziniert.
Bis zum Semesteranfang habe ich etwa 60 Seiten gelesen.
Ich studierte an der Hochschule für Lehrerausbildung die Fächer Geographie und Kunst. Sie fragen sich jetzt sicherlich, warum ich nicht Japanologie studiert habe. Der Grund dafür war, daß es
damals in Ungarn keine Japanologie gab. Nach dem Krieg wurde das Fach Japanologie – die Sprache und Kultur der Verlierer – einfach abgeschafft. Man hätte im Land Hunderte von Kilometern fahren
müssen, um einen Japaner oder einen Japanisch-Lehrer ausfindig machen zu können!
Aber Sinologie gab es.
Nach dem Uni-Abschluß habe ich in einem Dorf unterrichtet und als Zeitvertreib fing ich an, Chinesisch zu lernen. Natürlich autodidaktisch, ohne Lehrer. Lehrbücher habe ich von der chinesischen
Botschaft geschenkt bekommen. Für das erste Buch brauchte ich nicht mehr als eine Woche. Aufgrund meiner Japanisch-Kenntnissen war diese Leistung möglich. Aber mit dem zweiten Band (etwa 300
Seiten) habe ich schon einen ganzen Monat verbracht.
An einem Herbsttag, mit 23 Jahren, rief ich dann den Lehrstuhlleiter der Sinologie, Dr. Barnabás Csongor an. Seine private Telefonnummer habe ich im Telefonbuch gefunden. Kurz erklärte ich ihm, wer ich bin, was und wieviel ich bisher gelernt habe, und bat um seinen Rat. Er sagte, ich soll sofort zu ihm kommen. So habe ich ihn zu Hause besucht, wo er mein Wissen geprüft hat.
Diesen Text mußte ich ihm vorlesen.
Nachdem ich es gelesen und übersetzt hatte, sagte er:
Sie sind aufgenommen.“
Ich war also wieder Student. So einfach war es.
Das Fach beschäftigte damals insgesamt sechs Lehrkräfte: fünf Dozenten und eine Sprachlehrerin.
Abgesehen von den „Schnuppernden“ im 1. Schuljahr, gab es dort etwa 2-3 Studenten.
Jeder Student, der vorhatte, „Sinologe zu werden“, mußte zuerst zwei Hauptfächer belegen; es war nicht möglich, bereits ab dem ersten Semester Sinologie zu studieren. Man konnte Sinologie ein
Jahr lang als drittes Nebenfach ausprobieren. Wenn der Kanditat die schwere Abschlußprüfung bestand, war ihm erlaubt, eins seiner beiden Hauptfächer abzulegen und Sinologie als zweites Hauptfach
aufzunehmen. Aber so etwas kam nur selten vor. Denn die meisten Anfänger wurden gnadenlos aussortiert. Dort half keine Protektion.
Sinologie war also ein Fach der Auserwählten. Und es war Professor Csongor, der die Glückseligen auswählen durfte.
Dr. Barnabás Csongor (1923 - ) unterrichtete
chinesische Philologie, Literaturgeschichte und Geisteswelt (Philosophie und Religion). Es gab wohl kein Schriftzeichen, das er nicht kannte und nicht schreiben konnte. Man nannte ihn nur
ehrfurchtsvoll „Meister.“
Wie ausführlich wir alles lernen mußten, zeigt ein Blatt meiner Notizen aus jener Zeit: Ein Gedicht von Du Fu.
Dr. Endre Galla (1926-2008) hat in China studiert. Sein Fachgebiet war die
moderne chinesische Literatur. Er war ein international anerkannter Wissenschaftler und Übersetzer. Die Xinhua Nachrichtenagentur widmete ihm nach seinem Tod einen Nachruf. Prof. Gallas chinesische Ehefrau, Mao Shoufu,
unterrichtete uns die moderne Sprache.
Dr. Sándor Józsa hat ebenfalls in China studiert. Er erteilte uns die neuzeitliche und die moderne chinesische Geschichte. Manchmal hat er auf Chinesisch Vortrag gehalten. Auch Chinesen konnten
bestätigen, dass er wie ein Muttersprachler Chinesisch sprach.
Dr. Mártonfi Ferenc (1945-1991) war ein einzigartiges
Talent. Er kannte sich in drei Fachgebieten (Sinologie, Japanologie und Koreanistik) hervorragend aus. Mit ihm habe ich die vier Bände von "Haenisch"* mehrmals durchstudieren müssen. (*
von Prof Erich Haenisch)
Sein viel zu früher Tod bedeutete für die ungarische Orientalistik einen großen Verlust.
Die Grundlagen, die 4 Säulen der Ostasienkunde, wurden ordentlich
unterrichtet. Geschichte, Philosophie, Geisteswelt und Kultur, Literatur und Kunst – alle waren von den Anfängen bis zu den modernen Zeiten ausführlich erläutert. Für uns, 2-3 Studenten,
mehrmals. Denn wir mußten in allen Jahrgängen an allen Seminaren teilnehmen. So geschah es, daß wir bis zum Abschluß das gleiche Thema 3-4-mal durchnehmen mußten. Und das war gut
so.
Noch etwas: nach jedem Semester gab es eine Prüfungszeit. Das bedeutete folgendes: Wir hatten 5-6 Wochen Zeit, alles, was wir während des Semesters gelernt haben, zu wiederholen und
autodidaktisch zu ergänzen. Dann kamen die Prüfungen (3-4/Semester), wo wir je Prüfung eins von 10-15 Themen ziehen mußten. Bevor wir das gezogene Thema dargestellt haben, hatten wir 30 Minuten
Zeit, es schriftlich vorzubereiten. Und weil wir die Seminare fast jährlich wiederholt haben, haben wir auch die schon bestandenen Prüfungen wiederholen müssen. Übung schadet nicht.
STIPENDIUM
1984 habe ich als der erste und einzige ungarische Student nach 20 Jahren ein einjähriges
Stipendium nach China erhalten.
PROMOTION
FORSCHUNG IN JAPAN
Mit meinem Buch über den tang-zeitlichen Dichter Li Shangyin
habe ich in Göttingen promoviert.
LEHRBÜCHER
Zwei Jahre lang habe ich in Japan den Buddhismus erforscht und ein Buch über die japanische Vinaya-Schule Risshū geschrieben.
2012:
• Einführung in die japanische Sprache und Schrift
In Vorbereitung:
2015:
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