牡丹


錦幃初卷衛夫人

綉被猶堆越鄂君

垂手亂翻雕玉佩

折腰爭舞鬱金裙

石家蠟燭何曾剪

荀令香爐可待熏

我是夢中傳彩筆

 欲書花葉寄朝雲

 

Die Päonien

Der Brokatvorhang ist soeben aufgerollt - (von der) Frau (des Fürsten von) Wei.
Die bestickte Decke ist noch hingelegt - (vom) Prinzen von E in Yue.
(Durch den Tanz) der herabhängenden Arme drehen sie sich drunter und drüber - die Gürtelgehänge aus geschnitztem Jade.
Mit gebeugten Hüften tanzen (die Frauen) wetteifernd - in kurkumagelben Röcken.
Die Kerzen im Hause Shi - gab es schon je, daß (ihre Dochte) gestutzt wurden?
Das Weihrauchgefäß des Direktors Xun - wie würde man darauf warten, daß es qualmt?
Ich bin es, der im Traum den farbigen Pinsel übergibt
und die Blumenblätter beschreiben möchte, um sie an die Morgenwolke zu schicken.

LSY schrieb das Gedicht 833 in Chang'an, in der Zeit, als er die Jinshi-Prüfung abzulegen versuchte.
Ins Englische übersetzt von Graham. Ins Japanische übersetzt von Takahashi Kazumi. (Beide mit Paraphrase.)


Anmerkungen:


Chinesische Päonie: Blume des Frühlings, "Königin der Blumen". LSYs Zeitgenosse, Duan Chengshi ( ? - 863) soll in seinem Werk darüber berichtet haben, daß die Päonien im Garten von Linghu Chus Residenz, die sich im Kaihua-Stadtviertel unweit vom Eingangstor des Kaiserpalastes befand, am schönsten blühten.
Frau Wei war die Frau des Fürsten Ling (reg. zw. 534-493 v.Chr.) im Staat Wei. Als Frau Wei hörte, daß Konfuzius kam, ließ sie ihm durch einen Boten ausrichten, daß sie ihn erwartet. Die Frau befand sich hinter einem Brokatvorhang. Konfuzius kam durch das Tor herein und nach Norden gewandt verneigte er sich. Als die Frau ihn hinter dem Vorhang auch begrüßte, war das Klingen ihrer Ringe und ihres Gürtelgehänges zu hören.
Der Prinz von E war berühmt durch sein hübsches Aussehen. Er fuhr einmal mit dem Boot auf einem Fluß in Yue. Die Frau, die ruderte, sang ein Lied, um ihre Freude, mit ihm im gleichen Boot fahren zu dürfen, und die Gefühle ihrer Zuneigung auszudrücken. Der Prinz streckte darauf seine Hände aus, ging zu ihr, umarmte und bedeckte sie mit einer bestickten Decke.
Tanz der herabhängenden Arme: eine Tanzform, in der die Tanzenden ihre Arme herabhängen lassen.
Gürtelgehänge aus geschnitztem Jade: Sechs gravierte, flache Steine sollen auf eine Schnur gefädelt und miteinander verbunden gewesen sein. Es symbolisiert Tugend und Aufrichtigkeit. Auch Frauen durften es tragen.
Gebeugte Hüfte: 1. Die Dame Qi, die Lieblingskonkubine des Han-Kaisers Gaozu, verstand es gut, ihre Ärmel hochhebend und ihre Hüften biegend zu tanzen.
2. Die Frau des Generals Liang Ji (2. Jh.) war von entzückender Schönheit. Sie nahm gerne verführerische Posen an, indem sie bekümmerte Miene ansetzte und gebeugt spazierte, als könnten die Beine ihren Körper kaum halten. Die Frauen in der Hauptstadt wetteiferten, sie nachzuahmen.
Kurkumagelbe Röcke: Der aus dem Rhizom der Kurkuma (Gelbwurzel, curcuma longa) gewonnene gelbe Naturfarbstoff wurde früher zum Färben u.a. von Seide benutzt. Die Kleidung erhielt durch ihn einen wohlriechenden Duft.
Die Kerzen im Hause Shi: Shi Chong (249-300), Staats- und Lebemann während der Westlichen Jin, bekleidete veschiedene hohe Ämter und häufte ein beträchtliches Vermögen auf, wovon er im Goldenen Tal (nordwestlich von der heutigen Luoyang) einen luxuriösen Palast errichten ließ. Er war berüchtigt über seine Verschwendungssucht. Bekannt ist die Geschichte über seine für drei Scheffel Perlen gekaufte Konkubine Lüzhu. In seinem Wettstreit mit Wang Kai, in der es darum ging, wer verschwenderischer ist, ließ er statt Brennholz unzählige Kerzen - die selbst zum Leuchten teuer waren - anzünden, um damit zu kochen.
Das Weihrauchgefäß des Direktors Xun: Xun Yu (163-212) diente als Militärberater unter Cao Cao. Durch seine Verdienste wurde er auf hohen Rang erhoben, bis zum Amt des Direktors des Kaiserlichen Sekretariats. Daher nannte man ihn "Direktor Xun". Man erzählt, daß ein gewisser Liu Jihe den Weihrauch so sehr liebte, daß er von der Latrine jedesmal zum Weihrauchgefäss lief. Man tadelte ihn einmal, er sei unfein und eitel. Liu Jihe brachte daraufhin als Beispiel den Direktor Xun vor, dessen Duft gewöhnlich noch drei Tage lang über den Ort schwebte, wo er saß, wenn er jemanden besucht hatte.
Der farbige Pinsel: In seinem späten Alter sah Jiang Yan (444-505) im Traum den Dichter Guo Pu (276-324), der ihn so ansprach: "Vor vielen Jahren habe ich meinen Pinsel Euch gegeben, jetzt möchte ich ihn wiedersehen." Jiang Yan nahm darauf aus seinem Kleid einen fünffarbigen Pinsel heraus und gab ihn ihm zurück. Seitdem war in seinen Gedichten kein einziger schöne Vers mehr zu finden. Es ist aus mit seinem Talent, sagten die Zeitgenossen.
Mit dem "fünffarbigen Pinsel" wird das dichterische Talent veranschaulicht.

 

Kommentar:

In acht Versen werden acht Anspielungen mit ihren Anekdoten und deren ausgedehnten Assoziationen sehr geschickt verwendet. Auffallend ist ihre parallele Stellung in den Doppelversen. Außer der Schlußverse beschreibt jeder Vers die Blumen von einem Aspekt, ohne daß dabei zwei Anspielungen auf die gleiche Eigenschaft der Blumen bezogen werden: es wird die Schönheit der Kronblätter (Vers 1) und der Kelchblätter (2), der durch den Wind verursachte Tanz der Blätter (3) und der Blüten (4), der flackernde Glanz des Gelbs (5) und der Duft (6) sinnbildlich dargestellt.
Anfangverse: Die Päonien sind gerade dabei, sich zu öffnen. Die Kronblätter sind schon geöffnet, die grünen Kelchblätter bedecken sie aber immer noch von außen schützend. Die gelben Kronblätter entsprächen demnach dem aufgerollten Vorhang, hinter dem die Frau sich zeigt. Die Kelchblätter stehen für die bestickte Decke, womit der Prinz von E seine Geliebte von außen behütet. Die Päonien werden hier mit der Frauen- und Männerschönheit verglichen.
Das Kinnpaar veranschaulicht durch Tanzformen das Schwingen der Blumen im Wind. Die Blätter bewegen sich wie die Gürtelgehänge im Tanz. Die Kelche schwingen hin und her und vibrieren vor den Augen der Zuschauer wie die gelben Röcke. Ein Windhauch läßt Tautropfen von den Blättern herabrollen, ähnlich wie die Ärmel der Tänzerinnen die Gürtelgehänge umwenden. Die herabhängenden Ärmel deuten auf die Blätter des Stengels hin, während die hochgehobenen im Tanz eher die Blüten symbolisieren. Der Windhauch wird im Vers 4 zum Windstoß, wodurch die Kelche sich beugen wie die Tänzerinnen und flattern wie deren gelbe Röcke.
Die Päonien haben gerade zu blühen begonnen - trotzdem scheinen sie schon zu voller Blüte entfaltet zu sein. Wie in den Anfangversen, wählt LSY auch im Halspaar zwei historische Persönlichkeiten mit ihren berühmten Anekdoten zum Anspielen aus. Shi Chong ließ den Kochherd mit Kerzen heizen, aber der Glanz der Päonien übertreffen den von diesen Kerzen. Die Kelche leuchten von selbst, ohne jede Hilfe, nicht wie die Kerzen, deren Docht gestutzt werden muß. Neben dem verschwenderisch schönen Glanz der Blumen ist es ihr Duft, von dem man hingerissen wird. Direktor Xun mußte wohl oft warten, bis der Weihrauch genug qualmte, um sich anzuräuchern - aber die Päonien sind nicht auf fremde Hilfe angewiesen, um zu duften.
Die Auslegung der Schlußverse ermöglicht gleichzeitig für das ganze Gedicht mehrere Interpretationsmöglichkeiten.
1. Der Pinsel von Jiang Yan, der allein würdig wäre, ein Bild über die Blumen zu malen, gehört jetzt zu dem jungen LSY. Eine Deutung des 7. Verses, "ich bin es, dem im Traum der Pinsel übergeben wurde", würde jedoch der Anekdote inhaltlich widersprechen. Dafür aber, daß LSY, der erst am Anfang seiner Laufbahn steht, den Pinsel zurückgibt, wäre noch viel zu früh. Er muß freilich einmal später den Pinsel zurückgeben; jetzt möchte er aber ihn nur insofern überreichen, als er auf die Blumenblätter einen Brief (= dieses Gedicht) schreibt, damit Linghu Chu das Ergebnis seines Unterrichts sehen kann.
2. Der Dichter besangt die Blumen, um durch sie die Frauenschönheit zu lobpreisen.
3. Das Gedicht hat weder mit Linghu Chu, noch mit einer schönen Frau zu tun , sondern ist in seiner ganzen Länge nicht mehr als eine Illustration der Schönheit der Päonien. Dagegen spricht aber die Tatsache: Wenn der Titel weggelassen würde, könnte der Leser gar nicht darauf kommen, daß es sich hier um Päonien handelt. Man stelle das Gedicht mit einem Titel Ohne Titel vor!

So bleibt kaum etwas übrig, als den Vers 7 etwas gründlicher zu betrachten und zu der
1. Interpretationsmöglichkeit zurückzukehren, da die Anspielung mit dem "farbigen Pinsel" eher das Verhältnis eines Schülers zu seinem Meister, als die Liebe eines Mannes zu einer Frau oder jemandes Bewunderung gegenüber den Päonien bezeugt. Es ist zwar nicht zu leugnen, daß mit dem Wort Morgenwolke gewöhnlich auf die Fee des Wu-Berges und durch diese auf die begehrte Frau hingedeutet wird. Aber in diesem Gedicht scheint das Binom sich auf die Sehnsucht von Linghu Chu zu beziehen, am Hof in Chang'an zu einer hohen Stellung befördert zu werden.
Linghu verließ die Hauptstadt bereits im Frühling 829 und sehnte sich unaufhörlich danach, dorthin zurückkehren zu können. Den Schmerz des Abschieds von den Päonien (und dem fröhlicheren, angenehmeren Leben) in Chang'an beklagt er auch in seinem Gedicht:
"Zehn Jahre lang habe ich die Blumen in meinem kleinen Garten nicht gesehen;
kurz bevor die purpurnen Blütenkelche sich öffnen, verlasse ich nun nochmals mein Haus.
Als ich auf dem Pferd zum Tor hinausreite, wende ich den Kopf und blicke zurück:
Wann kommt die Zeit, als ich in die Hauptstadt zurückkommen darf?"
(Anmerkung: „zehn Jahre lang“ – dichterische Übertreibung)
Linghu Chu war im Jahr 833 Militärgouverneur in Shanxi, als LSY sich wegen seines Prüfungsvorhabens im Frühjahr nach Chang'an begab und dort offensichtlich auch Linghus Residenz besuchte. Die Päonien sollen gerade in ihrer schönsten Blüte gestanden haben. Bei der Betrachtung der Päonien verfaßte der Dichter dieses Gedicht, in dem er den Wunsch äußerte, sein Meister solle bald als Hofbeamter diesen schönen Päoniengarten wiedersehen. Gleichzeitig deutete er in den Versen auch den Dank für den Beitrag des alten Generals an, ihn zu einer solchen Höhe der Dichtkunst verholfen zu haben.